Die jahrhundertelange Gewinnung von Anthrazitkohle und der bis heute andauernde Abbau von Karbonquarzit, dem Piesberger Sandstein, am Hausberg Osnabrücks haben eine Landschaft von großer Faszination geschaffen.
Das Maschinenhaus ist bis heute als einziges Gebäude der Stüveschachtanlage erhalten, wenn auch nur als Ruine. Hier stand die Wasserhaltungsmaschine. Foto: Gerd Mäscher/Archiv Museum Industriekultur.
.
Am 7. September 1893, erlebte Osnabrück sein schwerstes Bergwerksunglück. Neun Bergleute fanden in der Kohlenzeche Piesberg den Tod, ohne dass an eine Rettungsaktion zu denken gewesen wäre. Der Stüveschacht war abgesoffen, die Pumpen versagten.
Tatsächlich dürfte das Wasser den Bergleuten kein Quell der Freude gewesen sein. Vier Jahre nach Abteufung des Haseschachts begann man 1873 am Nordrand des Piesbergs mit der Niederbringung des Stüveschachts. Er sollte in noch größere Tiefen vorstoßen als der Haseschacht, um an die hochwertigere Anthrazitkohle heranzukommen. Bis zur ersten Tiefbausohle auf 91 Meter ging noch alles gut. Aber 1876 gab es einen so starken Wassereinbruch, dass die städtische Bergwerkskommission der unternehmerische Mut verließ und sie die Arbeiten im Stüveschacht aufgab. Erst 13 Jahre später – die Stadt hatte das Bergwerk inzwischen an den Georgs-Marien-Bergwerks- und Hütten-Verein (GMBHV) verkauft – setzten die neuen Herren die Abteufung fort. Zur Hebung der nach wie vor erheblichen Mengen an Grubenwasser wurde eine leistungsfähige Dampf-Pumpenanlage – oder Wasserhaltungsmaschine, wie die Bergleute sagen – aufgestellt. Sie fand ihren Platz in dem heute noch als Ruine bestehenden Gebäude, vor dem sich der 207 Meter tiefe Stüveschacht mit dem Schachtgerüst befand.
Die Balancier-Wasserhaltungsmaschine am Stüveschacht um 1894.
Foto: Alois Wurm/Archiv Museum Industriekultur.
Was war nun genau vor 120 Jahren geschehen? Rolf Spilker, Direktor des Museums Industriekultur, hat den Unglückshergang dokumentiert, Franz Heidemann hat weiter geforscht. Wenn man beide Berichte übereinanderlegt, ergibt sich folgendes Bild: Erschütterungen, vielleicht von entfernten Sprengungen, lösen am 7. September 1893 auf der Mittelsohle in 146 Meter Tiefe einen Wassereinbruch aus. Das Wasser strömt in die darunter liegenden Bergwerksteile. Auf der Tiefsohle in 198 Metern arbeiten 14 Bergleute. Der vierstöckige Förderkorb steht unten im Förderschacht. Er kann bis zu 21 Mann aufnehmen.
Fünf Mann steigen ein. Der 25-jährige „Anschläger“ Wilhelm Sellmeyer, der unten das Kommando führt, „schlägt an“, das heißt, er gibt das Signal zum Auffahren. Mit den übrigen acht Mann bleibt er noch unten. „Die wollten wohl noch irgendwelche Restarbeiten erledigen und blieben gelassen, weil das Wasser nur relativ langsam stieg“, vermutet Heidemann, „mit Wasser hatten sie es schließlich ständig zu tun.“
Die Bergleute verkennen, dass die unmittelbar drohende Gefahr nicht das Wasser ist, sondern die vom Wasser freigesetzte Kohlensäure aus dem klüftigen Trias-Gestein. Erst als die offenen Flammen der Grubenlichter zu flackern beginnen und dann verlöschen, wird ihnen die Erstickungsgefahr bewusst. Über die für Notfälle angebrachte Leiter versuchen sie noch, nach oben zu kommen. Aber vorher ereilt sie der Tod. Erst ein halbes Jahr später, nachdem der Schachtsumpf leer gepumpt war, konnte man die Leichen, zum Teil noch in der Leiter hängend, bergen.
Quelle: Osnabrücker Zeitung vom 6.9.2013 von Joachim Dierks
Bild :Kohleflöze im Piesberg
Stüveschacht 1896
„Erz und Kohle Bergbau und Hüttenwesen zwischen Ems und Weser“ von Hans Röhrs
Bergbaugeschichte
Königliche Berginspektion Deister in Barsinghausen