Historischer Steinkohlenbergbau im Deister
Ausgangsbasis für die Steinkohlevorkommen des Deisters waren die Urwälder des Wealden Zeitalters
In Nordwestdeutschland befand sich ein vom Weltmeer weitgehend abgeschlossener Binnensee. An seinem Südrand sedimentierten vorwiegend sandig-schluffige Flussablagerungen. Dort im Schwemmland entwickelten sich dank des damals feucht-warmen Klimas Sumpfwälder,die die Grundlage zur Entstehung von Steinkohle bildeten.
Während des gesamtem Wealden Zeitalters herrschte ein tropisch-subtropisches Klima, in der zypressenähnliche Bäume, Gingoarten, Koniferen, Farne und Palmen wuchsen. Riesige Sümpfe,tiefe Moore, ein undurchdringlicher Urwald sowie gigantische Bäume, die sehr hoch in den Himmel wuchsen, bestimmten das Land. Diese Vegitation führte zu einer andauernden Nachlieferung organischer Substanz. Dinosaurier durchstreiften das Land. In dieser lebensfreundlichen Umgebung war der Raum für die Giganten ihrer Art über millionen Jahre vorhanden. Spuren von Raubsaurier aus dieser Zeit, mit einer Körperlänge von zehn Metern, haben Forscher in Münchehagen erst 2018 entdeckt. So sah es auf dem Gebiet des Deisters vor fast 140 Millionen Jahren aus, als die Steinkohle entstand.
Das Gebiet des Deisters befand sich vor 140 Millionen Jahren auf Höhe der heutigen nordafrikanischen Stadt Tripolis, somit sehr nahe am Äquator. Das heutige Europa unterlag einem subtropischen bis tropischen Klima, in dem es auch Regen- und Trockenzeiten gegeben hat. Das milde subtropische Klima hat in den Niederungen zu massenhaften Pflanzenwachstum geführt . Entscheiden für die Kohlebildung war der Wechsel zwischen Meer und Land. Der Brackwasserbereich, der durch zahlreiche Meeresarme,Lagunen, Inseln und Uferstreifen mit üppiger Vegitation gekennzeichnet war , veränderte wegen des ständigen Vordringens und Zurückweichen des Meeres häufig seine Lage. Das "Niedersächsische Becken" wirkte wie ein sinkendern Trog. Daher wurden Pflanzenreste schnell mit Feinsedimenten zugedeckt und konserviert;. Sümpfe und Moore wurden vom Meer überflutet, die große Mengen Sand und Geröll mit sich führten. Im Laufe der Jahrmillionen wiederholte sich dieser Prozess mehrfach. Der Druck der schweren Erdmassen nahm zu und presste das Wasser aus den Torfschichten.
Höhere Temperaturen und biochemische Prozesse führten dazu, dass aus Torf zunächst Braunkohle wurde.Die Kohle sackte immer tiefer, Druck und Temperatur nahmen weiter zu. So entstanden aus der Braunkohle, im Verlauf von Jahrmillionen die Kohleflöze, letzten Endes die zahlreichen Steinkohleschichten des Deisters .
Kohleführende Schichten , wurden in der Unterkreide nur im " Niedersächsischen Wealden- Sandstein " abgelagert. Diese Becken hatten eine Ausdehnung von ca. 270 km. Zwischen der unteren Wealden-Schiefer und den mittleren Wealden- Sandstein liegt das Hauptkohleflöz des Deisters. Die ursprünglich horizontal abgelagerte Deisterwealdenscholle ist um
6 bis 9 Grad nach Nordost geneigt. Man könnte sie mit einer einseitig belasteten Eisscholle vergleichen. In den den Schichten unter der Deisterkohle finden sich die mit senkrechten kohligen Wurzelfasern durchsetzten " Wurzelböden ".Durch die noch heute zu findenden "Wurzelböden" geht hervor, dass die Kohleflöze an der Stelle entstanden sind, an der auch die Pflanzen gewachsen sind.
Urwälder der Kreidezeit
Wealdenkohle ist in der Unteren Kreide entstanden.
Mit der Unterkreide begann vor etwa 146 Millionen Jahren der letzte große Abschnitt des Erdmittelalters. Der erste 5 Millionen Jahre andauernde Zeitabschnitt wurde nach dem englischen District Wealden benannt. Die Ablagerungen im Wealden sind in breiten Flussmündungen und großen Delta-Gebieten erfolgt. Die Hauptvorkommen der etwa über 5 Millionen Jahre hinweg abgelagerten Wealdenkohle liegen im Weser-Ems- Gebiet und im Bereich des Deisters und Bückeberg mit dem gesamten Vorland . Durch tektonische Faltenbildung während der Kreide-Zeit hat sich der Deister herausgebildet. Deister und Süntel wurden zu Sätteln aufgewölbt.Die in der Tiefe abgelagerten Kohleschichten wurden mit der Faltenbildung hochgepresst und so an der Oberfläche sichtbar. Die Beschaffenheit der Wealdenkohle richtet sich nicht nur nach ihrem geologischen Alter , sondern war selbst innerhalb eines Flözes großen Schwankungen unterworfen. Generell war die Kohle in den oberflächennahen Stollenbetrieben stärker entgast als in den Tiefbauschächten.
Die Deisterkohle hat einen Aschegehalt von ca. 15 %
Mehrere Flöze im Sandstein eingelagert
Ausbiss am Bröhn
Unter dem gesamten Deister erstreckte sich ein Steinkohlenlager, das vom Osterwald bis zu den Bückeburger Bergen reicht und zur Wealden-Formation gehört. Vielfach sind es mehrere Kohlenflöze, die in geringen Abständen übereinander liegen, von denen jedoch in der Regel nur eines mit einer Mächtigkeit von 20 bis 70 cm abbauwürdig war. Auf der südwestlichen Seite des Deisterkamms kommt das Flöz an die Erdoberfläche und ist z.B. beim Nienstedter Blick und beim Feggendorfer Stolln ( Hessenrösche) noch sichtbar, in nordöstlicher Richtung fällt es zusammen mit den anderen Gesteinsschichten mit ca. 8 % ab. Am Deisterrand (bei Barsinghausen – Egestorf) liegt es bereits über 100 m tief; die tiefste Stelle erreicht das Flöz mit 752 m bei Großgoltern. An den Stellen, wo das Flöz an die Oberfläche trat und z.T. noch tritt, dürfte schon vor Jahrhunderten Steinkohle abgebaut worden sein.
Beschaffenheit und Mächtigkeit des Wealdensandsteines bei Bredenbeck
aus : Über die Gliederung der oberen Juraformationen und der Wealden-Bildung ( Prag 1863 )
von Heinrich Credner Königl. Hannoverscher Oberbergrath
Durch die Stollen- Anlagen für den Kohlenbergbau bei Bredenbeck hat man nach einer Mittheilung,
welche ich dem dortigen Betriebsbeamten, Herrn Würz verdanke, die Beschaffenheit und Mächtigkeit des Wealdensandsteines, wie folgend gefunden und zwar zunächst unter den Cyrenenschichten des Wealden-Thones
in Meter Gesteinsart
6,542 Sandstein, weiss, merglig
1,176 Schieferthon, schwarzgrau, in Kohlenschiefer übergehend
10,731 Sandstein, weiss,belblichgrau mit schwachen Zwischenlager von Kohlenschiefer
0,588 Kohlenflötz, bauwürdig ( 1 )
1,764 Sandstein mit paludina carbonaria
3,528 Mergelschiefer, dunkelgrau
1,764 gelber Sandstein
6,003 grauer Sandstein mit schwachen Zwischenlagen aus Schieferthon
0,073 Kohlenbesteg mit unreiner Kohle
4,361 weisser Sandstein, oben sandig-thonig,
0,098 Kohlenbesteg mit unreiner Kohle
8,281 Mergelschiefer mit schwachen Sandsteinlagen wechselnd
0,245 Kohlenflötz mit unreiner Kohle
4,312 weisser Sandstein, mit Schieferthon wechselnd
8,453 grauer Sandstein, durch verkohlte Pflanzenreste schwarz gefleckt; drei Schichten mit Cyrenen angefüllt.
In der untersten Schicht wurde ein vollständiges Exemplar von Lepidotus Mantelli gefunden
2,083 Schieferthon, mit 7 Zoll starken unreinen Kohlenflötz
1,911 hellgrauer Sandstein, thonig
0,196 Kohlenflötz unrein
9,31 gelblich grauer Sandstein, zu oberst Sandschiefer mit Pflanzenabdrücken, Pterphyllum Schaumburgense, Sphenopteris Roemeri etc.
0,343 Kohlenfötz, unrein, unbauwürdig
2,94 grauer Sandstein
0,147 Kohlenflötz, unrein
8,134 dunkelgrauer Schieferthon mit Sandsteinbänken wechseln
0,147 Kohlenflötz, rein
3,504 Sandstein und Schieferthon wechseln, mit Sphenopteris Roemeri
0,441 Kohlenflötz, bauwürdig ( 2 )
6,909 gelblich weißer Sandstein in starken Bänken
0,245 Kohlenflötz, unrein
11,589 Schieferthon, z. Th. Hellgrau , mit Sandsteinlagen wechselnd
0,147 Kohlenflötz, unrein
16,807 Sandstein grau, mergelig mit Zwischenlagen von weissem Sandstein und dunkelgrauem Mergelschiefer; eine Schicht mit Cyrenen angefüllt
0,147 Kohle, unrein
18,081 hellgrauer bis weisser Sandstein mit Zwischenlagen von dunkelgrauem Schieferthon
0,294 Kohlenflötz bauwürdig ( 3 )
2,352 schwarzer Schieferthon, zu unterst grauer sandiger Thon
5,88 gelber Sandstein, mit schwachen Zwischenlagen von Schieferthon Darunter beginnt der Spermulit
149,524 Meter Mächtigkeit des Wealden- Sandsteines im östlichen Deister
Quelle: Über die Gliederung der Juraformation und der Wealden- Bildung von Heinrich Credner, Königlich Hannoverscher Oberbergrath, Prag 1863
Flöz III Feggendorf
Bergbaugeschichte
Glück Auf ! - dieser alte Bergmannsgruß steht nicht nur für den Wunsch der Bergleute nach der Schicht gesund aus dem Bergwerk heimzukehren. Er heißt auch:" Ich wünsch Dir Glück tu einen neuen Gang auf " .Der Gruß beschrieb im 16 Jahrhundert die Hoffnung der sächsischen Bergleute, es mögen sich Erzgänge auftun. Beim Abbau von Erzen ließ sich nur unsicher vorhersagen, ob die Arbeit der Bergleute überhaupt zu einen Lohn führen würde
Kuhlengräberei am Bröhn
Überliefert ist, dass bereits Ende des 16.Jahrhunderts durch einfache Kuhlengräberei Steinkohle gewonnen wurde. Abgebaut wurde da, wo die Wealdensteinkohle durch Bodenaufschluß ( die Blume im Ausbiss) oder durch Schürfung zu Tage trat. Um die Kohle zu erschließen, brachte man an unzähligen Stellen kleine Schächte, sogenannte Pingen nieder. Das Flöz wurde soweit abgebaut, bis das Grundwasser in die Vertiefung eindrang. Nach dem Erliegen des Bergbaus am Bröhn waren hier allein 97 Schächte und Pingen gezählt worden.
Alte Pinge am Bröhn
Bergbauspurensuche ist eine großartige Möglichkeit sich mit technischen,wirtschaftlichen und sozialen Fragen auseinanderzusetzen. Bis auf den Mögebierstollen sind die Schächte und Stollen oberhalb von Wennigsen verfallen. Hinweistafeln , wie im Bereich Barsinghausen vorhanden, fehlen hier . Erkennungsmerkmale historischer Bergwerke sind die noch vorhandenen Halden. Unter Halden versteht mann die Ansammlung des tauben Hauwerkes vor den Stollenmundlöchern oder Schächten.
Aus den Maßen der Halden kann mann Rückschlüsse auf die Größe des ehemaligen
Grubenfeldes ziehen. Die meisten Halden oberhalb von Wennigsen sind über 100 Jahre alt. Da sich in der langen Zeit ausreichend Material zur Humusbildung angesammelt hat ,ist ein reichhaltiger Bewuchs der Halden vorhanden. Die Stollen und Schächte sind in der Regel verbrochen. Überbleibsel von Berghäusern und Wirtschaftsgebäuden sind kaum noch zu finden.
Wünschelruhengänger sucht nach Steinkohlen im Ausbiss.
Die Vermessung der Bergwerke und die Erstellung der Grubenrisse erfolge durch die Markscheider.
Im Bergbau spielte die Markscheidekunst ( Mark=Grenze; scheiden= trennen) zur Orientierung in den Grubenalagen und bei der Lagerstättenerkundung schon sehr früh eine Rolle. Die ersten Messungen erfolgten zumeist auf der Grundlage von Dreiecken mit Lot, Pendelwage und Schnur. Um1660 wurde bereits der Hängekompass eingesetzt. Damit trug er wesentlich zur Verbesserung des Rißwesens bei.
Markscheider bei der Vermessung " Unter Tage "
Haspelknechte
Franz-Ernst von Platen
um 1695
Literaturhinweise:
Heinrich Credner- Über die Gliederung der oberen Juraformation und Wealden- Bildung ... 1863
Die Steinkohlen Deutschlands und anderen Länder Europas, München 1865)
Ebert - Geschichtliche Darstellung des Kohlenbergbaues im Fürstentum Calenberg- 1866
Stedler - Beiträge zur Geschichte Fürstentums Kalenberg- 1886
Bersch- Mit Schlägel und Eisen- 1889
Heidorn- Altes und Neues vom Deister- 1903
Friedrich Wüllner- 750 Jahre Wennigsen- 1950
Walter Köpping- Lebensberichte deutscher Bergarbeiter - 1983
Ingeborg Weber- Kellermann - Landleben im 19. Jahrhundert -1987
Helmuth Trischler- Steiger im deutschen Bergbau- 1988
Wolfgang Jäger- Bildgeschichte der deutschen Bergarbeiterbewegung - 1989
Menneking- Deisterköhle- 1993
Barsinghausen- Unter Klöppel, Schlegel und Eisen -1994
Horst Krenzel- Erinnerungen an den Steinkohlenbergbau im Deistergebirge -1996
Dirk Neuber- Energie und Umweltgeschichte des Niedersächsischen Steinkohlebergbaus - 2002
Michael Farrenkopf - Schlagwetter und Kohlenstaub - 2003
Heinz Wöltje- Zeitreise 1754 - 2004 Wennigsen Argestorf - 2004
Michael Fessner u.a. - Auf breiten Schultern - 750 Jahre Knappschaft - 2011
Feggendorfer Stolln e.V. - Dokumentation der Geschichte des Feggendorfer Bergbaus- 2013
Förderverein Besucherbergwerk Barsinghausen e.V. - Die Deister- Kohlepfade- 2014