Bergleute wenden sich 1867 an den König von Preußen

Bergarbeiter wenden sich  1867  an den König von Preußen


Der große Streik von 1889

Allerdurchlauchtigster, großmächtiger König !

Allergnädigster König und Herr !


Die alluntertänigst unterzeichneten Bergleute im Kreis Essen wagen es, durch die immer größer werdende Not dazu getrieben, Eurer Majestät Thron zu nahen und mit der gehorsamsten Bitte einer gnädigen Berücksichtigung folgendes alleruntertänigst vorzutragen:

Nachdem durch Gesetz vom 21.Mai 1860 die Aufsicht der Bergbehörden über den Bergbau und das Verhältnis der Berg- und Hüttenarbeiter betreffend , die Abschließung der Verträge zwischen den Bergeigentümern und den Bergleuten lediglich dem freien Übereinkommen derselben überlassen ist und eine Mitwirkung der Königlichen Bergbehörden bei Annahme und Entlassung der Bergleute sowie bei Festsetzung und Zahlung des Schicht- und Gedingelohnes nicht mehr stattfindet, findet die Festsetzung der Arbeitszeit und des Arbeitslohns von den Gewerkschaften ganz nach ihrem Belieben statt. Von ihnen ist  seitdem die Arbeitszeit zwangsweise so übermäßig verlängert worden, daß bei der ohnehin schon so ungesunden Arbeit

viele Bergleute schon mit dreißig bis fünfunddreißig Jahren arbeitsunfähig werden, zudem die Gewerken unsern Lohn auch so niedrig gestellt haben, daß er kaum hinreicht, uns die nötigsten Lebensbedürfnisse zu verschaffen. Sie betrachten uns nur als willenlose Maschinen und Arbeitsinstrumente, deren Arbeitskraft sie zu ihrem Vorteil möglichst ausnutzen können; denn wie wenig bei Festsetzung der Arbeitszeit von einem " freien Übereinkommen" die Rede ist, werden Euro Majestät aus folgenden Angaben ersehen.

Wenn wir früher freiwillig und ausnahmsweise bei Störungen im Betrieb, wie Zubruchgehen von Strecken, Reißen von Bremsseilen und so weiter, einige Stunden über die achtstündige Schicht gearbeitet, auch wohl eine Doppelschicht gemacht haben, so ist das jetzt Zwang  geworden und wer sich nicht in die längere Arbeitsdauer  fügen will, wird von der Zeche entlassen und womöglich mit einem derartigen Zeugnis versehen, daß er auf einer anderen Zeche keine Arbeit mehr bekommen kann.!!!

Auf der Zeche Bonifazius ist im vorigen Jahr der Belegschaft durch den Grubenverwalter bekannt gemacht worden: " Von jetzt ab wird bis nachmittags vier Uhr gearbeitet; wer sich nicht fügen will, erhält seine Entlassung" .Da die meisten Leute um 5 Uhr morgens einfahren, so sind das 11 Stunden. Wer die Arbeit verläßt oder früher in die Waschkaue tritt, wird gestraft. So ist auf den meisten Zechen eine jetzt eine 10-11 stündige Schicht eingeführt. Zudem dauert die Förderung der Leute meist noch zwei Stunden. So lange Arbeitsschichten kann aber  unser Körper unmöglich auf Dauer aushalten....…


Nicht umsonst hat die hiesige Untersuchungskommission zur Aushebung für den  Königl. Militärdienst die Wahrnehmung gemacht, daß die Bergleute in überwiegender Zahl zum Militärdienst untauglich sind.

Es ist dies auch nicht anders möglich, wenn die jungen Leute den ganzen Tag in den unterirdischen Räumen, in schlechten Wettern und nassen Örtern arbeiten müssen, und wenn sie da, wo Kunst- und Seilfahrt besteht, am Ende der Schicht oft stundenlang mit von Schweiß durchnäßten Grubenkleidern im kalten Windzug ausharren müssen, ehe sie zu Tage gefördert werden.

Besonders die Brust wird bei übermäßigem Arbeiten auf der Grube frühzeitig beengt. Ist aber die Gesundheit der Leute oft schon mit 35 Jahren durch diese Überanstrengungen so angegriffen, daß sie nicht mehr in der Grube arbeiten können, oder daß sie nicht mehr dasselbe leisten können , wie die jüngeren Leute, die ihre Kräfte noch nicht geopfert haben, und erhalten sie von den Knappschaftsärzten gewöhnlich das Zeugnis "zu leichter Hüttenarbeit noch tauglich " so haben sie keinen Anspruch auf Invalidenpension aus der Knappschaftskasse...… 



 Eurer Majestät treugehorsamste Bergleute des Kreises Essen

Essen, 29.Juni 1867


Auszug aus :

Quelle : Klaus Tenfelde und Helmuth Trischler, Hg. Bis vor die Stufen des Throns. Bittschriften und Beschwerden von Bergleuten im Zeitalter der Industrialisierung. München C.H.Beck, 1986


Ein Antwortschreiben ist bisher nicht bekannt !!!









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Der Große Streik von 1889

Wilhelm der II. empfängt am 14.Mai 1889 die Beauftragten der streikenden Bergarbeiter.

Deputation- Bunte, Schröder , Siegel- beim Kaiser 


Schröder begann: " Wir überbringen Eurer Majestät die Grüße von hunderttausend Bergleuten, und diese bitten um Eure Gnade. Sprechen Euro Majestät ein kaiserliches Wort, so wird die Ruhe wiederhergestellt und Millionen Tränen getrocknet "


Was ist Euer Wunsch ? hob der Kaiser an. 


Schröder erwiederte:" Die von unsern Vätern ererbte achtstündige Schichtzeit und dabei so viel zu verdienen, daß wir unsere Familien ehrlich und ordentlich ernähren können.


Darauf der Kaiser:" Ihr habt den Kontrakt gebrochen und dadurch die Werksbesitzer schwer geschädigt. Ich habe bereits Schritte getan, die Sache untersuchen zu lassen. Ich habe alle Meine Regierungsorgane beauftragt, die Sache genau zu untersuchen, wen die Schuld trifft. Sollte die Sache aber eine Parteiverschiebung werden, hautsächlich zur Sozialdemokratie- ein Sozialdemokrat ist bei mir ein Reichs- und Vaterlandfeind- so werde Ich alle Meine Macht einsetzen, und Meine Macht ist stark. Dann werde ich aber auch alles über den Haufen schießen lassen. Sollte das aber nicht sein, so seid Ihr Meines Kaiserlichen Wohlwollens und Meines Schutzes sicher "


Schröder: " Wir danken Eurer Majestät für die gewährte Audienz"


Bei der Wiederaufnahme der Arbeit wurden die Kumpels teilweise mit Hohn empfangen. Teilweise wurden Delegierte maßgeregelt.

In den Zeitungen wurde den Bergarbeitern die Schuld an den Streik gegeben.


Ein Teil der Streikleitung wurden zur Abkehr  aus den Zechen gezwungen.  Es war für die gemaßregelten schwer wieder lohnende Arbeit zu erhalten. Sie mussten sich als Zigarren-, Wollwaren-, Mützen- und Flaschenbierhändler durchschlagen.


Quelle: Lebensberichte deutscher Bergarbeiter - Herausgegeben von Walter Köpping )


Alleruntertänigste Bitte der ganz gehorsamst unterzeichneten Bergleute im Kreise  Essen um gnädige Anweisung der Königlichen Bergbehörden, die Festsetzung einer so langen Arbeitsschicht, bei welcher die Bergleute frühzeitig arbeitsunfähig werden müssen, nicht länger zu gestatten, den Bergleuten vor den übermäßigen Bedrückungen der Gewerken einen wirksameren Schutz gewähren,als bisher geschehen ist.

Arbeiterfamilie um 1900

Steinkohlenschacht um 1900


Die Stimmen, die die Verstaatlichung des Kohlenbergbaues forderten, erweiterten sich mit einem Schlage nach dem Bergarbeiterausstand von 1889. Die soziale Lage der Grubenarbeiter wurde das Hauptmotiv für die Forderung, der Staat möge sich des Bergwerkseigentums, das von ihm sich herleite, wieder bemächtigen. Es gehe nicht an, den Bergbau und seine Arbeiter der Ausbeutung durch das unpersönliche Kapital zu überlassen, dem es lediglich auf hohe Dividenden ankomme, und das an der Besserung der Arbeiterverhältnisse kein Interesse habe. Nur durch ein Eingreifen des Staates, das sich schon bei der Überführung der Eisenbahnen in Staatsbesitz so glänzend bewährt habe, sei Wandel zu schaffen und Besserung zu erwarten. Auf solche und ähnliche Grundtöne sind die Ausführungen vornehmlich konservativer Parlamentarier er und Zeitungen zur Verstaatlichungsfrage damals gestimmt.

Aus : Das Problem der Verstaaatlichung des Preußischen Steinkohlebergbaus Wilh. Herring Jena 1914

Manfred Meyer

Max-Planck-Str. 51

30974 Wennigsen


Glück Auf