Die Steiger Hesse und die Egestorffschen Steinkohlegruben am Bröhn, Hülsebrink und Feldberg
Die Hesse waren eine Familie von führenden Bergleuten, die im 19.Jahrhundert in Wennigsen lebten und arbeiteten. Sie kamen ursprünglich aus dem Mansfelder Land und hatten ihre Ausbildung in Clausthal erhalten. Sie waren als Steiger für die Egestorffschen Steinkohlenbergwerke tätig und genossen ein hohes Ansehen. Der erste Hesse war Schreiber bei Johann Egestorff in Linden.
Auf den Egestorffschen Steinkohlenbergwerken waren der Obersteiger Christian Hesse (*1803), die Steiger Wilhelm Hesse (sen.); Georg Hesse (jun.) tätig.
Einer von ihnen, Obersteiger Christian Hesse wurde im Mai 1867 von Georg Egestorff für seine langjährige Treue und vor allem für die übersandten Kohleproben aus einen neu angehauenen Stollen am Bröhn belohnt. Er erhielt 200 Thaler als Jubiläumsgeschenk für über 50 Jahre Dienst.
Sein Wohnhaus das erste Haus in der Barsinghauser Strasse trug die Inschrift:
Anno F.C. Hesse D.L. Wildhagen 1832
Alte Stollen der Egestorffschen Bergwerke oberhalb von Wennigsen
Linden im Juni 1868
Anknüpfend an die Anzeige vom Tode des Herrn Georg Egestorff, Chef und alleiniger Inhaber der Handels-Firma Georg Egestorff und Johann Egestff`s Erben, erlauben wir uns hiermit zu Ihrer Kenntnis zu bringen, dass die gesamten in der Hand des selig Versorbenen vereinigt gewesenen Geschäfte unter den seitherigen Firmen Georg Egestorff beziehungsweise Johann Egestorff`s Erben in völlig unveränderter Weise unter der Leitung der langjährigen Mitarbeiter und Schwiegersöhne des Verstorbenen, der Herren Alfred Houget und Friedrich Buresch fortgesetzt werden
Die Kohle aus dem Deister wurde bis dahin mit Pferdefuhrwerken nach Hannover gebracht, was sehr mühsam und teuer war. Um den Transport zu beschleunigen und zu verbilligen, beschlossen einige private Investoren,an der Planung war Georg Egestorf maßgeblich beteiligt, eine Eisenbahnlinie von Hannover Linden nach Haste zu bauen, die durch das Deistervorland führte. Die Bauarbeiten begannen 1868 und wurden 1871 abgeschlossen. Ein Jahr später wurde die Strecke offiziell eröffnet und ermöglichte einen schnellen und kostengünstigen Kohlentransport.
Nach dem Tode von Georg Egestorff im Jahre 1868 blieb der Kohlenbergbau bei Wennigsen immer noch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor.
Die Betriebsführung der Steinkohlenbergwerke am Bröhn, Hülsebrink und Feldberg hat 1874 der Berg-Ingenieur Ernst Hesse aus Argestorf übernommen.
Der unterzeichnete Betriebsführer E.Hesse zu Argestorf, erklärt hiermit, daß nach dem der königliche Revierbeamte in Hannover seine Befähigung zum Betriebsführer anerkannt hat, er die Verantwortlichkeit der Betriebsführung auf den Egestorffschen Bergwerken am Bröhn,Feldberg und Hülsebrink nach Maßgabe des § 76 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24ten Juni 1865 übernimmt.
Argestorf, den 30. Oktober 1874
( Nieders. Hauptstaatsarchiv, Hann.190 Hannover)
Im Oktober 1880 waren auf den " Feldberg -Hülsebrinker Werke " beschäftigt:
2 Betriebsführer
1 Betriebsaufseher
2 Kohlemesser
5 Arbeiter über Tage
52 Arbeiter unter Tage
Gefördert wurde
am Feldberg aus den Dorothen-Schacht und am Hülsebrink den Bremsstollen II
Die mittlere Mächtigkeit der Lagerstätte betrug nur 27 cm.
Die Höhe der an den Arbeiter durchschnittlich pro Arbeitstag gezahlte Lohn betrug für den:
Hauer 2,1 Mark
Fördermann 2,0 Mark
Schlepper 1,8 Mark
Die letzten Jahre der Egestorffschen Bergwerke waren von vielen Veränderungen, Krankheitsfällen und Problemen im Betrieb gekennzeichnet.
Nachdem der Untersteiger Lango im März 1883 als Invalide in den Ruhestand ging, übernahm der der Bergmann Heinrich Nagel aus Wennigsen seine Aufgabe.
Der Steiger Georg Hesse aus Wennigsen musste 1883 seinen Posten ebenfalls aufgeben, weil die Förderung stark zurückging. Seine Aufgaben wurden den Bergingenieur Ernst Hesse aus der Wennigser Mark mit übertragen, der seit 1877 in der neuen Bergarbeitersiedlung lebte.
Der Fahrsteiger H.Nagel erkrankte 1888 an einer Lungenendzündung und wurde durch den Hauer Christian Wissel aus Argestorf abgelöst. Bis 1896 ist Christian Wissel als Fahrsteiger tätig, dann wurde er krank und August Lauenstein (* 1867) übernahm seine Stelle. Lauenstein arbeitete schon seit 13 Jahren auf den Egestorffschen Bergwerken.
Der Bergingenieur E. Hesse musste im Oktober 1896 die Betriebsleitung abgeben ,weil er schwer krank wurde. Sein Nachfolger wurde der Königliche Grubensteiger Sohus, der vom Direktor der Lindener Zündhütchen und Thonwaren-Fabriken, Herrn R. Haase zu Linden, ernannt wurde.
Das Königliche Oberbergamt zu Clausthal stimmte dieser Entscheidung zu.
Im April 1897 kam der Bergingenieur Garbe aus Barsinghausen als neuer Betriebsleiter, aber er blieb nur bis April 1899 . Dann wurde er durch den Steiger Börger aus Barsinghausen ersetzt.
Börger gab die Betriebsleitung der Bergwerke auf den Bröhn-Feldberg-Hülsebrink schon nach einem Jahr an den Steiger August Diesselhorst aus Barsinghausen weiter.
Die Fördermenge sank von ca. 25.000 Tonnen Kohle im Jahr 1850 auf ca. 5.000 Tonnen im Jahr 1900. Die Zahl der Bergleute ging von ca. 220 im Jahr 1850 auf ca. 44 im Jahr 1900 zurück.
Anfang 1901 wurde der gesamte Bergbaubetrieb am Bröhn-Hülsebrink und Feldberg eingstellt. Damit ging die Ära der privat betriebenen "Egestorffschen Steinkohlenbergwerke " am Deister nach 94 Jahren zu Ende.
Bremsstollen II 1978
Übernahme der Geschäfte als Betriebsführer auf den Egestorffschen Gruben oberhalb Wennigsen durch den Steiger Sohus
Bröhn, den 29. Oktober 1896
An den Königlichen Bergbeamten in Hannover
Hierdurch....Ganz gehorsam an, daß mir durch den Direktor der Lindener Zündhütchen und Thonwaren-Fabrik Herrn R.Haase in Linden die verantwortliche Betriebsführung, für den erkrankten Herrn Bergingenieur Hesse der Egestorffschen Bergwerke am Bröhn und Feldberg bei Wennigsen angetragen worden ist.
Das Königliche Bergamt zu Clausthal hat bei der Vereinbarung dieses Vertretung durch mich nichts einzuwenden.
Da Herr Bergingenieur Hesse seines krankhaften Zustandes nicht mehr in der Lage ist, die Grube zu beaufsichtigen, so habe ich in seiner Wohnung bereits den Dienst von Ihm übernommen.
Ich bitte ganz gehorsamst mir hierzu Ihre Genehmigung ertheilen zu wollen.
Sohus Königl. Grubensteiger
Nieders. Staatsarchiv Hann.190 Hannover
Linden bei Hannover, den 1.Juli 1900
An den Königlichen Bergbeamten in Hannover
........daß der Steiger August Diesselhorst aus Barsinghausen am gestrigen Tage vom Steiger Börger die Geschäfte als Betriebsführer auf Bröhn-Feldberg-Hülsebrink übernommen hat
Lebenslauf des Fahrhauer Diesselhorst geb. 17.September 1874
Ab 1896 Fahrhauer bei der Königlichen Berginspektion
Hochachtungsvoll
R.Haase
Anlage zur Übernahme der Geschäfte als Betriebsführer auf Bröhn-Feldberg-Hülsebrink durch den Steiger Diesselhorst
Lebenslauf
Ich August Heinrich Diesselhorst, Sohn des Bermanns Fr. Diesselhorst, wurde am 17. September 1874 zu Barsinghausen am Deister geboren, besuchte vom 6. bis 14. Lebensjahr die Bürgerschule darselbst und wurde Ostern 1889 konfirmiert. Da ich von jeher sehr große Vorliebe für den Bergbau hatte, wurde ich auf meine diesbezügliche Bitte hin am 1. Mai 1889 bei der Königlichen Berginspektion am Deister hierselbst als junger Arbeiter angenommen.
Als solcher wurde ich bis zum 16. Lebensjahr mit schriftlichen Arbeiten, Anfertigen der Schichtbücher betraut. Danach war ich unter Tage bei den verschiedenen Arbeiten und zwar bis zum 2. Mai 1892. Von da ab bis zum 1. Oktober 1893 besuchte ich die Bergschule zu Obernkirchen, vom 1.Oktober 1893 bis zum 1. Juli 1895 die Bergschule zu Clausthal. Nach Absolvierung derselben kehrte ich nach Barsinghausen zurück und wurde nach 6 Monaten von der Königlichen Berginspektion zum Fahrhauer ernannt. Zu meiner Ausbildung auf einer Steinkohlengrube bin ich auf Wunsch der Königl. Berginspektion vom 1. Juli bis 1. Oktober 1899 auf der Zeche Herta bei Dortmund tätig gewesen. Seitdem versehe ich den Dienst eines Fahrhauers auf hiesigen Werk.
Nieders. Staatsarchiv Hann.190 Hannover
Pferdegöpel
wurde im Bergbau zur Wasserhaltung eingesetzt. So auch zeitweilig in einigen der "Egestorffschen Steinkohlenschächte"Um große Wassermassen zu bewältigen zu können,setzte man im Bergwerken Pferdegöpel ein.
27 cm mächiges Steinkohleflöz im Oberen Feldbergstollen
Schon die frühen Bergordnungen enthielten Bestimmungen über die Annahme und Absetzung der Steiger und Schichtmeister.
Der Steiger war der verantwortliche Aufseher für den Abbaubetrieb der einzelnen Zechen. Er kontrollierte die Ein- und Ausfahrt der Bergleute . Er stellte die Ortskameradschaften , wies den Hauer die Örter zu, verteilte die Förderleute und gab die Gezähestücke und Materialien aus. Bei den obligatorischen täglichen Befahrungen kontrollierte er den Abbauvortschritt der Kohlenhauer, die Stollen und Querschläge im Gestein. Bei besonders schwierigen Arbeiten sollte der Steiger " eine ganze Schicht hindurch fortdauernd dabay anwesend seyn und mit Hand anlegen.
Die schriftlichen Arbeiten: Führung des Steigerjournals, der Gedinge- und Schichtzettel, der Materialausgabescheine, Führung der Fördertabellen,Fertigung der Knappschafts- und Straf-Verzeichnisse.
Berichte an die Grubenbesitzer wurde zwischen den Befahrungen oder nach der Ausfahrt der Bergleute erledigt.Bei den Egestorffschen Gruben war ein Steiger für die Stollenzechen am Hülsebrink, Feldberg und Bröhn zuständig. Mit der Einführung der Dampfmaschinen zur Wasserhaltung war die Ausdehnung der Tiefbauschächte mögich. Der Steiger musste sich als " Technischer Leiter " allmählich mit den technischen Anlagen vertraut machen. Die Gedingefestsetzung - eine spezifische Form des Leistungslohnes- war Aufgabe des Steigers, barg aber eine Fülle von Konflikten in sich. Eine unter den wechselvollen Bedingungen des Kohleabbaues objekte Festlegung des Gedinge war kaum machbar. Mit dem Probehauen durch zuverlässige Hauer und unter Aufsicht der Grubenbeamten wurde versucht ein gut reguliertes Gedinge zu erhalten.
Nach dem bestehenden Bergrecht hatten die Steiger eine staatsbeamtenähnliche Stellung, nur mit Zustimmung der Bergämter war eine Einstellung, Versetzung und Entlassung der Grubenbeamten möglich.