Gesamtbergamt Obernkirchen- Barsinghausen

Gesamtbergamt Obernkirchen - Barsinghausen

Der Freistaat Preußen privatisierte 1923 seine Montanindustrie und auch die staatlichen Steinkohlebergwerke am Deister gingen in der neu gebildeten Preußischen Bergwerks- und Hüttengesellschaft zu Berlin auf. Die Werke in Obernkirchen und Barsinghausen wurden am 1. September 1941 als Zweigniederlassung   "Gesamtbergamt Obernkirchen- Barsinghausen" zusammengelegt. Im Zuge der Privatisierung gingen auch die bis dahin in den Berginspektionen geführten Registraturen (Betriebsakten und Risswerk) in das Eigentum des neuen Unternehmens über.

Bis 1945 blieb die Preussag faktisch „Staatskonzern“. Erst Ende der 1950er Jahre entwickelte sie sich zum rein privatwirtschaftlich geführten Unternehmen



Betriebsanlage  Barsinghausen

Schacht IV

  Auszug aus den Bericht über die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung  der  Bergbaubetriebswirtschaft Essen.

   Prüfungszeitraum : Oktober bis Dezember  1948 



Zeche Barsinghausen


       Die Zeche Barsinghausen besteht aus der Tiefbauanlage Klosterstollen mit dem  3 km  vom Hauptschacht entfernten, im Jahre 1938 niedergebrachten  Schacht  IV und dem Stollenbetrieb  Alte Taufe.

Die Kapazität  der Unter- Tageanlage  beträgt  etwa 1200 tato. Die Anlagen  übertage sind stark veraltet  und reichen lediglich für eine Kapazität von 800 - 900 tato aus. Es wird eine Gaskohle mit hohen Aschegehalt gefördert. Bergschäden treten wegen der  ländlichen Lage und des geringmächtigen Flözes kaum auf.

Die Anlage Barsinghausen mit nur einen  bauwürdigen Flöz der Wealden- Formation in geringer Mächtigkeit mit einen sehr weitläufigen Grubengebäude arbeitet unter Verhältnissen, die mit  den Zechen des Ruhrgebietes nicht vergleichbar sind.........

Das Grubengebäude ist infolge des jahrhundertalten  Abbaus des geringmächtigen Flözes weit  verzweigt, der Gewinnungsbetrieb ist aber weitgehend zusammengefasst. ....

Bei einer vorgesehen Steigerung auf 1500 tato (1955), mit einer jährlichen Mittelförderung von 450 000 t, beträgt die Lebensdauer der Anlage über 60 Jahre.

Der Wasserzufluss ist wegen des über dem Hauptflöz liegenden 150- 200 m mächtigen Sandsteins mit ca. 25 cbm pro Minute  aussergewöhnlich hoch, die Wasserhaltungsanlage bewältigt 14,73 cbm pro Minute, der Rest fließt durch den Tagesstollen ab. .......

Da in früheren Jahren für Neuanlagen nur wenig investiert wurde, leiden die Anlagen heute noch unter dem durch das hohe Alter bedingten unorganischen Aufbau und entbehren eines modernen Zuschnitts.......

Von dem den Grundeigentümer gehörigen  Kohlenuntergrund der Deistermulde wurden im Lauf der Zeit etwa 7,7 qkm ( inzwischen etwa 75 % abgebaut ) , dem Preussischen Bergfiskus und der Klosterkammer Hannover bzw. später der Preussischen Bergwerks- und Hütten-AG  übereignet.

Die  Förderung  erfolgt in Barsinghausen im Tiefbau durch die Klosterstollenanlage in Verbindung mit Schacht IV ( Zwischenförderung von  der 6. zur 4. Sohle und Bergeförderung) sowie in dem Stollenbetrieb Alte Taufe  ( Förderung zurzeit 60 tato) ........

Auf den Klosterstollen wird die Kohle mit Abbauhämmern gewonnen. Sie wird im Streb und in den  Abbaustrecken durch Rutschen, in den schwebenden Strecken durch Bänder den ortsfesten Ladestellen auf der Hauptsohle  zugeführt. Die gesamte Förderung  des Tiefbaus ist auf 3 Ladestellen  konzentriert, außerdem sind 2 Streckenlademaschinen eingesetzt. Ausser den Diesel- Lokomotiven und der elektrischen Wasserhaltung werden sämtliche Maschinen  unter Tage mit Pressluft betrieben.

Auf dem Alte Taufe Stollen geschieht die Kohlegewinnung von Hand und mit Hilfe von Pferden. Der Stollenbetrieb hat weder Dampf noch elektrische Kraft.


In den Gewinnungsbetrieben werden die  anfallenden Streckenberge versetzt. Im übrigen wird grösstenteils ohne Versatz abgebaut.

Das Hangende setzt sich langsam ab, während das  Liegende zum Teil stark quillt. Der Streckenausbau wird nicht geraubt . Im Tiefbaubetrieb werden mit Rücksicht auf den über den Flöz liegenden  bis zu 200 m mächtigen Sandstein auf  je 100 m Streblänge 1 - 3 Blindörter mitgeführt, so dass eine  Art Rippenversatz entsteht. .......

Die Grube  ist durch einen Hauptquerschlag ausgerichtet. Die Vorrichtungsstrecken liegen vorwiegend in der Lagerstätte. Mit Rücksicht auf den starken  Sohlendruck müssen die Lokomotivstrecken im Hangenden durch Sonderstrecken aufgefahren werden.

Die Fördersohle der Tiefbauanlage liegt in  600 m Teufe, während der Stollenbetrieb das Flöz zum Ausgehenden abbaut......

Der zurzeit etwas höhere Schichtenaufwand in der Ausrichtung ist dadurch bedingt, dass auf der 7. Sohle der Pumpenraum aufgefahren wird.

Die Schachtanlage Klosterstollen  hat in den ersten Nachkriegsjahren in verstärkten  Masse die Feldesteile mit günstiger Kohlenmächtigkeit  abgebaut . Seit Ende 1947 ist man allmählich zum Abbau der geringmächtigen Flözteile übergegangen, so dass jetzt die gebaute Flözmächtigkeit  nahezu der anstehenden entspricht . Der Klosterstollen baut zurzeit im Nordwesten des Grubenfeldes im ungünstigen Feldesteil. In etwa einem Jahr  wir der Abbau in günstigere Verhältnisse wandern.

Die anfallenden Klaube - und Waschberge und die nicht zum Versatz kommenden Grubenberge werden Übertage auf Halde gekippt. Die Waschberge in Barsinghausen müssen mit Rücksicht auf die fehlende Ausdehnungsmöglichkeit der Klosterstollenhalde und dem dort herrschenden ausgedehnten Haldenbrand über die 4. Sohle nach Schacht IV zu der dortigen 3 km entfernten Halde gefördert werden. Durch Verkauf  eines Teiles der Waschberge an die Baustoffwerke Barsinghausen wird voraussichtlich in der 2. Hälfte des Jahres 1949 eine fühlbare Entlastung der Schachtförderung  und des Bergehaldenbetriebes erzielt.

Am 31.3. 1949 waren Untertage 1331 und Übertage 724  Bergleute beschäftigt..........

Zurzeit werden 50 % der Förderung im Südwesten  mit einer Hackenleistung von 4 - 5 t und 50 % der Förderung im Nordwesten mit einer Hackenleistung von  etwa 2 t  gefördert.



Im Nordwesten arbeitet die Grube augenblicklich unter den ungünstigen  Flözverhältnissen, die Mächtigkeit liegt  z.T. unter  40 cm, die Kohle ist sehr fest und im Liegenden und Hangenden angebrannt. In drei Monaten wird der 1. Streb in der 2. Fährt Nordwest verhauen sein . Die dort arbeitenden Kohlenhauer  werden dann  in die 4. Fährt verlegt werden und können bei  wesentlich günstigeren Flözverhältnissen ( über 50 cm Mächtigkeit , leichtere  Gewinnbarkeit der Kohle )  Hackenleistung von über 3 t erzielen. Im Südwesten nimmt zwar die Flözmächtigkeit ab , die zahlreichen Störungen im Flöz werden aber gleichzeitig geringer, außerdem bessern sich das Hangende und Liegende. ...........

Die Preussische Bergwerks- und Hütten AG  Obernkirchen- Barsinghausen gehört wegen ihrer ungünstigen Kostenlage zu den  subventionierten Betrieben der  Nordzone.

Die  hohen Kosten der Anlage werden durch  sehr ungünstige  geologische  Verhältnisse und durch den Umstand , das für die geringe Förderung  von 1000 tato 3 Tagesschächte und ein Stollenbetrieb  betrieben werden müssen, verursacht .

Die  ungünstigen Verhältnisse  unter Tage mit nur  einem abbauwürdigen  Flöz  von 58 cm Mächtigkeit  haben ausser der geringen Schichtleistung von 1000 kg unter Tage hohe  Arbeits-und Energiekosten zur Folge. Hinzu kommt, dass  die Energiekosten  wegen des hohen  Wasserzuflusses und wegen der veralteten Kesselanlagen noch besonders belastet sind. ........

Aus- und Vorrichtungsarbeiten in der 7. Sohle (715 m)  sowie Auffahren eines 350 m langen Querschlages ins Feld  sind bis zur Erreichung der Höchstförderung  notwendig. Der  Ausbau des modernen Schacht IV soll allmählich den Abwurf der unwirtschaftlichen Klosterstollenanlage  bezwecken.



       

Das Steinkohlenbergwerk Bergwerk Barsinghausen lieferte  Kohle, Koks, Strom,Gas und Reinbenzol. Daneben erzeugte es in seiner Kokerei verschiedene Kohlenwasserstoffe  ( Ammoniak, Pech, Rohteer usw. ) und in seiner Schlackenfabrik diverse Schlackensteine. Der Wert der  gesamten abgesetzten Produktion belief sich 1954 auf  17 Millionen DM. Die abgesetzte Kohle ist hieran mit 39% , der Koks mit 37,5%, das Gas  mit 8% und der Strom mit  rund 4 % beteiligt. Die restlichen 11,5% verteilen sich  auf Kohlenwasserstoffe und Schlackesteinfabrikation. Qelle: Marquard- Barsinghausen

Alte Taufe Stollen 1951

Hauer Fritz Garbe  -  1951  Alte Taufe Stollen


Fritz Garbe arbeitet als Hauer im Streb und gewinnt Steinkohle mit der Keilhaue. Er schlägt mit seiner Haue in den Kohlenstoß, um die Kohle zu lösen. Sein Arbeitsplatz ist nur von einer Karbitleuchte beleuchtet, die ein schwaches Licht wirft.


Schacht IV

Die Geschichte von Schacht IV ist eine von Aufstieg und Niedergang.

Der Schacht IV war ein beeindruckendes Bauwerk, das in kurzer Zeit eine Tiefe von 742 Metern erreichte. Er war unterirdisch mit dem Schacht I verbunden und diente der Kohlegewinnung.

Nach dem Krieg wurde der Schacht IV mit einem Gleisanschluss zur Deisterbahn ausgestattet.

1952 wurde ein Hochdruck-Ballast-Dampfkraftwerk errichtet (13500 kWh), zur Strom und Presslufterzeugung.


Doch die Kohleförderung war nicht mehr rentabel und wurde 1957 eingestellt. Der Schacht wurde in 360 Metern Tiefe mit Beton versiegelt.

Förderanlage und Kraftwerk wurden von 1958 bis 1961 abgebaut, 1959 wurde der 105 Meter hohe Schornstein abgetragen. Die Werkskantine und 2 Steigerhäuser wurden ebenfalls abgerissen.

Die Abraumhalde wuchs im Laufe der Jahre zu einem kegelförmigen Berg von über 100 Metern Höhe an. Durch die chemischen Reaktionen im Gestein erhitzte sich die Halde und fing an zu glimmen. Die rote und schwarze Asche war ein Zeichen für die hohe Temperatur im Inneren. Erst 1961 erlosch das Feuer in der Halde. Danach wurde die Halde als Rohstoffquelle genutzt. Die Firmen Theis KG und Haldenrot-Balsam verarbeiteten den Abraum zu verschiedenen Produkten, wie Füllmaterial und Sportplatzbelag. Dadurch schrumpfte die Halde auf etwa 25 Meter Höhe im Jahr 1979.


Der Schacht IV ist ein Teil der lokalen Geschichte, der nicht vergessen werden sollte.

 

 Aus dem stillgelegten Schacht IV des früheren Deisterbergbaus in Barsinghausen quillt ständig warmes Grubenwasser an die Oberfläche. Das Fraunhofer-Institut aus Bochum prüft nun, ob sich das Grubenwasser als nachhaltige Energiequelle nutzen lässt – eventuell als Wärmelieferant für nahe Unternehmen .  HAZ Februar 2022