Bergmann

Der Bergmann und die

                        Bergmannsfamilie

Die Beschäftigung mit der Geschichte der ehemaligen Deisterbergleute vermittelt das Gefühl, sie vor dem Vergessen zu bewahren und ihre Bedeutung als Menschen und Berufstätige erneut zu würdigen. Bergmann zu sein, war etwas Besonderes.





Die Rolle des Bergmannes in der vorindustriellen Zeit

Die Eigenart des Bergmannes entstand in der vorindustriellen Zeit aus seiner spezifischen Arbeitsweise und den Rechtsnormen, mit denen die fürstlichen Landesherren die Gewinnung von Bodenschätzen regelten. Zahlreiche Berichte schildern Knappenaufstände, die gegen ungerechte Löhne, lange Arbeitszeiten und unwürdige Behandlung durch Vorgesetzte und Bergbeamte gerichtet waren.


Der Bergbau in Wennigsen

Im Jahr 1879 waren 160 Bergleute in Wennigsen tätig – sie stellten die größte Berufsgruppe. Ihre Arbeit gehörte zu den schwersten, gefährlichsten und zugleich kräftezehrendsten Tätigkeiten. Dennoch entwickelte sich der Bergbau zum wichtigsten Erwerbszweig in der Region. Viele Bauern erzielten zusätzliche Einkünfte durch den Transport der Kohle vom Deister nach Linden.


Industrialisierung und ihre Folgen

Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts veränderte die Rahmenbedingungen grundlegend. Nach der Annexion des Königreichs Hannover durch Preußen wurde das „Allgemeine Berggesetz für die preußischen Staaten“ eingeführt, das die Macht der Bergbauunternehmen stärkte. Die soziale Sicherheit der Bergleute nahm rapide ab, da staatlicher Schutz durch die Marktkräfte ersetzt wurde. 1889 wurde der Deutsche Bergarbeiterverband gegründet, doch die Gewerkschaften wurden von den Unternehmen zunächst nicht anerkannt.

In Bantorf kam es in der dortigen Grube bereits 1894 zu einen großen Streik und 1897 zur Gründung eines Knappenvereines.

Typischerweise sind im staatlichen Deisterbergbau keine Knappenvereine gegründet worden. Sie entstanden erst viel später,  so 1958 in Barsinghausen. Auf der anderen Seite wurden die staatlichen Bergwerke am Deister erheblich ausgeweitet und ausgebaut.

Im Rahmen der " Industriellen Revolution" wuchs die bergbauliche Produktion unerhört rasch an. Immer mehr Arbeiter wurden im Bergbau benötigt, denn der Zuwachs an Förderung ist in dieser Zeit allein durch Handarbeit erzielt worden. Die Kohlenförderung stieg im deutschen Reich von 12,3 Millionen Tonnen in 1860 auf 26,4 Millionen Tonnen in 1870 an.



Arbeiterfamilie um 1900

Lebens- und Arbeitsbedingungen

Die Industrialisierung führte zu einem raschen Anstieg der Kohleförderung und der Beschäftigtenzahl. Die Arbeitsbedingungen waren jedoch äußerst belastend: Feuchte und kalte Stollen führten zu gesundheitlichen Problemen wie Rheuma und Staublunge. Eigenversorgung war für die oft großen Bergmannsfamilien unverzichtbar, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Krisen. In Wennigsen wurden spezielle Arbeiterhäuser mit Gärten errichtet, um die Bergleute nahe den Gruben anzusiedeln und ihre Lebenssituation zu verbessern. Die Bergleute haben auch von der Klosterkammer Ackerland gepachtet, hier wurden überwiegend Getreide und Kartoffeln angepflanzt. 

 

Eine Hypothek von 900 Mark mit einem Zinssatz von 4 % wurde im Jahr 1879 von der Kasse des Hannoverschen Knappschaftsvereins zu Barsinghausen an meinen Vorfahren (Ernst Friedrich Ludwig Meyer-Bergmann und Anbauer zu Wennigsen) vergeben. Er nutzte das Darlehen, um eine Anbauerstelle zu erwerben.


 In den kleinen, an den Häusern angebauten Ställen wurden Schweine, Ziegen, Kaninchen und Hühner gehalten. Dieses war zur Eigenversorgen der Erwachsenen und der oft großen Kinderschar unbedingt erforderlich. Gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten, als das Jahreseinkommen der Bergarbeiter am Deister im Jahre 1874 von 836 Mark auf  437 Mark im Jahre 1879  gesunken war, hat die Eigenversorgung, die Bergarbeiterfamilien vor Not und bitterer Armut bewahrt.


Persönliche Geschichten und gesundheitliche Herausforderungen

Die persönlichen Berichte, wie jener des Bergmannes August Schwake, schildern die Härte des Berufs: beschwerliche Fußmärsche zur Grube, durchnässte Kleidung und frühzeitige Invalidität. Krankheiten wie Staublunge und Tuberkulose beeinträchtigten viele Bergleute, die unter schweren körperlichen und gesundheitlichen Belastungen litten.

 

 Bergmann August Schwake berichtete 1950 in der Festschrift "750 Jahre Wennigsen "

"Das Wennigser Bergleute wegen der in vergangener Zeit recht beschwerlichen Anmarschwege und mangelhaften Sozialeinrichtungen, in verhältnismäßig frühem Alter den Beruf aufgeben mussten oder Invalide wurden. So war es vor einigen Jahrzehnten noch üblich, dass die Knappen in der durchnässten Arbeitskleidung den Weg nach Hause antraten. Es war keine Seltenheit, wenn jemand daher mit 38 Jahren schon seine letzte Ausfahrt machte."


Mein Urgroßvater war ein Bergmann, der in den Deisterbergwerken schuftete. Oft kam er durchnässt und erschöpft

nach Hause. Täglich musste er bei jedem Wetter zu Fuß zur Grube und zurücklaufen. 

 Die Arbeitsbedingungen in den Stollen waren feucht und kalt, was sein Rheuma zusätzlich verschlimmerte. Da er keine Möglichkeit hatte, sich in der Grube umzuziehen oder zu duschen, trug er seine schmutzige Kleidung  mit nach Hause.



Eine weitere Krankheit, die viele Bergleute plagte, war die Staublunge. Sie wurde vor allem bei den Hauern diagnostiziert, die für den Streckenvortrieb zuständig waren. Diese Krankheit wurde schon im 16. Jahrhundert von Agricola ( 1494 -1555) in seinem Buch " De Re Metallica " beschrieben. Die Bergleute waren auch anfällig für Tuberkulose, Haut- und Augenleiden sowie rheumatische Beschwerden aufgrund der harten körperlichen Arbeit.

"Anfang vierzig war man im statistischen Mittel "bergfertig", war körperlich nicht mehr in der Lage, die schwere Arbeit in der Grube zu leisten. Kaum ein Arbeiter unter Tage war älter als 40 Jahre" (Allgemeiner Knappschaftsverein 1909, 56).



Kinderarbeit im Steinkohlebergbau

Kinderarbeit gab es schon in der Antike, mit der  Industrialisierung im 19.Jahrhundert  veränderte sich ihre Bedeutung.

In der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes wurde die Altergrenze für die Kinderarbeit auf 12 Jahre angehoben. Die erlaubte Höchstarbeitszeit wurde auf zehn Stunden beschränkt.

Kinder wurden im Bergbau für verschiedene Aufgaben eingesetzt, als Grubenpferdeführer, Kohlenschlepper, Lorenzieher und Öffner für Wettertüren.

Im Bergbau konnten manche Arbeiten nur von Kindern ausgeführt werden, da die Flöze und Gänge oftmals  niedrig waren, die Nische hinter der Wettertür winzig.In den Gruben am Hülsebrink haben vermutlich  die Kinder die Schlepptröge mit den Steinkohlen aus den Abbaustrecken in die Förderstrecken gezogen. Noch 1977 waren im oberen Deisterstollen die Abdrücke der kleinen Hände an den Einmündungen zur Abbaustrecke zu sehen.


Steinkohlenschacht um 1900

Manfred Meyer

Max-Planck-Str. 51

30974 Wennigsen


Glück Auf